Während ich Klaus Becker meine Idee erläutere, beginnt er auffällig zu schmunzeln und meint, wenn ich fertig wäre, könne er erklären, warum. Vor ca 2-3 Jahren wurden verschiedene „Player“ der „Behindertenszene“ (Inklusionsbüro, Behindertensportverbände etc.) gefragt, wie sie denn die Paralympics durchführen würden, wenn Olympia nach HH kommen würde. Becker hatte damals gesagt: Garnicht! Um den Gedanken der Inklusion ernst zu nehmen, sollten alle Wettbewerbe in einer Veranstaltung stattfinden.
Starker Widerstand gegen diese Idee kam von den Behindertensportverbänden, die die „frisch“ errungenen Paralympics (erst seit 1988 finden sie in Verbindung zur Sommerolympiade regelmäßig statt) in Gefahr sahen. Ja, beim Durchführen einer inklusiven Olympiade würden die Sonderwettkämpfe/Wettkampfklassen wegfallen. Es hat Kraft, Durchhaltevermögen, Überzeugungsarbeit und noch viel mehr gekostet, dass sie eingerichtet wurden – und jetzt sollen sie verschwinden?
Ich finde „JA!“. Die Inklusive Olympiade vermittelt ein schöneres Bild der Vielfalt der Sportausübungen als getrennte Wettbewerbe. Unsere Gesellschaft, unsere Ansprüche an unsere Gesellschaft verändern sich rasend. Bei gleichzeitiger Forderung nach funktionierender Inklusion zB. Im schulischen Bereich können wir nicht in anderen Bereichen auf der Stelle treten, auf gewonnenem Terrain beharren, die Trennung weiter aufrechterhalten. Manche Menschen können sich zum Beispiel nicht vorstellen, dass behinderte Menschen den gleichen Leistungswillen entwickeln können wie nicht- behinderte Menschen. In einer inklusiven Olympiade wäre das Miteinander der Sportler automatisch gegeben, nicht nur wenn sie sich gegenseitig gezielt besuchen.
Wie kann ich es nur schaffen, dass diese Idee ernst genommen wird?
Etwas ganz anderes hat mich bei unserem Treffen nachhaltig beeindruckt: Ich wollte Klaus Becker einen Kaffee einschenken, bestimmt auch weil er verkürzte Gliedmaßen hat und es für ihn mühseliger ist – behaupte ich mal. Da geschah etwas, das ich im Kontakt mit behinderten Menschen immer wieder erlebe: Er wollte es lieber selber machen und gab mir damit auch ein Lehrstück zum Thema „Autonomie“. Nachdem er in großer Nähe zu seinem Kopf den Becher befüllte, öffnete er auch noch zwei von diesen kleinen fiesen Milchverpackungen, mit denen sich nicht-behinderte Menschen wie ich immer beklecksen, ohne Spritzer und leerte sie in seinen Kaffee. Im nachhinein dachte ich, ich hätte das filmen sollen um es auf die Website zu stellen.